VC mal anders: Wie Start-ups und Unternehmen gemeinsam Innovationen voranbringen können
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Neue Wege der Zusammenarbeit für eine stärkere Zukunft
Wie können wir die frischen Ideen von Start-ups mit der Erfahrung und den Ressourcen etablierter Unternehmen – besonders aus dem deutschen Mittelstand – besser verbinden? Wenn diese beiden Welten effektiv zusammenarbeiten, kann das eine echte „Superkraft“ für Deutschlands Zukunft sein.
Warum klappt es oft nicht?
Häufig scheitert die Zusammenarbeit an einer Haltung namens „Not-invented-here“. Das bedeutet, dass manche Unternehmen nur auf eigene Lösungen setzen und fremde Ideen ablehnen. Ein weiteres Hindernis ist die „Paralyse durch Analyse“: Man verbringt so viel Zeit mit Planen und Analysieren, dass nichts vorwärtsgeht. Zudem konzentrieren sich viele Firmen darauf, Dinge richtig zu machen (Effizienz), statt die richtigen Dinge zu tun (Effektivität).
Welche Wege der Zusammenarbeit gibt es?
Es gibt verschiedene Modelle, wie Unternehmen und Start-ups zusammenarbeiten können, ohne dass das Unternehmen direkt in das Start-up investieren muss. Statt von „Venture Capital“ (Risikokapital) sprechen wir hier von „Venture Clienting“ – also davon, dass Unternehmen zu Kunden von Start-ups werden.
Gerade mittelständische Unternehmen mit weniger als 500 Millionen Euro Umsatz haben oft nicht die Mittel, um eigene Investitionsprogramme für Start-ups aufzubauen. Zudem bedeutet eine Beteiligung auch Verantwortung: Man muss sich um das Start-up kümmern, es finanziell unterstützen und es in die eigenen Abläufe integrieren.
Die grundlegende Idee ist, Stärken zu bündeln und die Ergebnisse fair zu teilen. Hier sind drei konkrete Vorschläge:
- Joint Development Programme: Bei dieser Kooperationsform arbeiten Start-ups und Unternehmen gemeinsam an der Entwicklung neuer Produkte, Technologien oder Prozesse. Beide Seiten bringen ihre Expertise ein, um innovative Lösungen zu schaffen. Das Start-up profitiert dabei von den technischen, personellen und finanziellen Ressourcen des Unternehmens sowie der Möglichkeit, seine Produkte in einem größeren Maßstab zu testen. Dieses Modell bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, gemeinsam mit einem agilen Partner Innovationen zu entwickeln, ohne die hohen Kosten und Risiken der Eigenentwicklung zu tragen. Wie können die Ergebnisse geteilt werden? Für das Unternehmen sind zeitliche, geografische und/oder inhaltliche Exklusivität, die Nutzung zukünftiger Lizenzeinnahmen oder günstigere Lizenzkosten von Vorteil. Für das Start-up: Down-Payments, Kostenersparnisse oder die gemeinsame Vermarktung der Resultate.
- Pilotkunden-Programme: Start-ups mit einer tiefen Technologie-Expertise fehlt häufig die Anwender-Expertise aus der Praxis. Gleichzeitig sind die Kriterien für den Einkauf in größeren Firmen oft so strikt, dass junge, wenig solvente Start-ups nicht als Lieferanten anerkannt werden. Dieses Dilemma lässt sich durch kontrollierte Pilotkunden-Programme auflösen. Ansätze: (1) Mitarbeiter der Unternehmen werden aktiv in die Produkt-Entwicklung einbezogen (Gründung eines Customer Councils), (2) Prototypen/MVPs werden in sicheren, non-mission-critical Umfeldern getestet oder (3) Start-up Mitarbeiter werden im Rahmen von „Secondments“ in die Unternehmen entsendet, um dort an der Anwendung mitzuarbeiten. Die Vorteile für das Unternehmen liegen in frühzeitigem Zugang zu Technologien, Mitsprache bei der Produktentwicklung, Zugriff auf Personal und vergünstigten Konditionen. Für das Start-up sind tiefe Anwenderkenntnisse, namhafte Referenzen, Product-Ambassadeurs und frühzeitige Umsätze aus den Secondments oder Beta-Lizenzen unerlässlich.
- Service for Rev-Share: Unternehmen stellen Start-ups ungenutzte Kapazitäten ihrer Leistungen kostenlos oder stark vergünstigt (at cost) zur Verfügung und erhalten im Gegenzug eine Beteiligung an zukünftigen Einnahmen. Das Unternehmen ProSiebenSat.1 SE gehört zu den führenden Anbietern dieser Lösungen in der Medienbranche. Start-ups erhalten Werbefläche zu erheblich reduzierten Konditionen und geben dafür einen Anteil ihrer Umsätze ab. Für das Medienunternehmen hat dies zwei Vorteile: (1) Nicht genutzte Werbeflächen werden zumindest teilweise monetarisiert und (2) Das Start-up erkennt den Nutzen der Werbefläche und wird diese beim zukünftigen Wachstum weiter einkaufen. Das Konzept lässt sich auf zahlreiche Firmen übertragen: Auftragsentwickler und -fertiger, Agenturen, Vertriebspartner, Retail oder Software-Entwickler.
Worauf sollten Start-ups achten?
Alle Modelle bieten große Chancen, aber auch Herausforderungen:
- Gemeinsame Entwicklung: Start-ups müssen darauf achten, ihre Unabhängigkeit zu bewahren und faire Vereinbarungen zur Ergebnisaufteilung zu treffen.
- Pilotkunden-Programme: Es besteht die Gefahr, dass man sich zu sehr an die Bedürfnisse eines großen Kunden anpasst und dadurch weniger flexibel wird.
- Umsatzbeteiligung: Kurzfristig spart man Kosten, aber langfristig kann die Abgabe von Umsatzanteilen teuer werden.
Worauf sollten Unternehmen achten?
Unternehmen profitieren von neuen Ideen und Technologien, sollten aber folgende Punkte bedenken:
- Gemeinsame Entwicklung: Es besteht das Risiko, dass das Projekt nicht den gewünschten Erfolg bringt.
- Pilotkunden-Programme: Der Aufwand für Betreuung und Integration kann hoch sein.
- Umsatzbeteiligung: Wenn das Start-up keinen Erfolg hat, bleibt der Einsatz ohne Gegenleistung.
Fazit: Zusammenarbeit ist der Schlüssel
Die vorgestellten Modelle zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie Start-ups und Unternehmen voneinander profitieren können. Wichtig ist eine offene Kommunikation und klare Absprachen, um Missverständnisse zu vermeiden. Wenn beide Seiten die richtige Balance finden, entsteht eine Win-win-Situation, die Innovationen fördert und den Standort Deutschland stärkt.